Medium von Danielle Deley, Lindsey Sherwood und Nathan Thornton – erschienen bei Perdix Spiele
Schon spannend, dass Wortspiele gedanklich gerne mit Séancen und Geisterbeschwörungen verbunden werden. Nach GHOST WRITER ist MEDIUM nun ein weiteres Spiel, welches diese Verknüpfung herstellt.
Thema... wir versuchen untereinander telepathische Verbindungen einzugehen. Aber uns interessieren dabei keine merkwürdigen Geistergeschichten, sondern uns reicht es schon, wenn wir uns zusammen im Geiste auf ein gemeinsames Wort einigen können.
Illustrationen… von Sarah Kelly sind zwar eher rar gesät, aber trotzdem fangen sie das heraufbeschworene Szenario gut ein. Über die Farbgebung lässt sich geschmacklich sicherlich streiten, mir hat sie allerdings gefallen.
Ausstattung… besteht hauptsächlich aus ganz vielen Karten mit jeweils nur einem enthaltenen Wort. Aus diesen Karten wurden abgestimmte Gruppen gebildet, die in der Box über Trennelemente geordnet gelagert werden. Zusätzlich sind noch ein paar Aktionskarten enthalten, die optional genutzt werden können. Außerdem gehören noch Pappplättchen zum Material, mit deren Hilfe wir unsere Siegpunkte bestimmen und festhalten.
Ablauf… ist sehr einfach. Ich fasse MEDIUM immer folgendermaßen zusammen: wie JUST ONE – nur andersherum. Denn gemeinsam als Paar versuchen wir aus zwei Begriffen ein gemeinsames Wort zu finden. Ich wähle aus meinen Handkarten beispielsweise das Wort "Fisch" und meine Partnerin oder mein Partner vielleicht "Kanu". Jetzt müssen wir ein gemeinsames Wort finden, welches zu diesen beiden Begriffen passt. Wir schauen uns tief in die Augen, zählen von 3 abwärts und sagen dann laut ein Wort. Ist das deckungsgleich, nehmen wir uns einen der verdeckten Siegpunktchips und ein neues Paar ist an der Reihe. Recht oft denken wir aber nicht an das gleiche Wort. Und so ertönt, um bei dem Beispiel zu bleiben, "Angeln" und "See". Nun bleibt die Aufgabe unverändert, allerdings müssen wir jetzt ein gemeinsames Wort für die beiden eben genannten Begriffe finden. Bis zu dreimal können wir es versuchen, dann wechselt das Pärchen.
Diese Ratespiele wiederholen wir so oft, bis beim Nachziehen dreimal vorher eingemischte Glaskugeln erscheinen. Die Runde wird dann noch zu Ende gespielt und es folgt der wohl unvermeidliche Punktevergleich.
In der Box sind noch zusätzliche Aktionskarten enthalten, die wir optional nutzen können. So können wir einerseits darüber einmal unsere Handkarten austauschen, andererseits können wir und beim ersten Rateversuch eines anderen Pärchens beteiligen und ebenfalls unser Glück versuchen.
Das gefällt mir nicht so gut: die Anleitung sieht vor, dass wir immer nur mit der Person rechts und links von uns ein Pärchen bilden. In der zusätzlich vorgeschlagenen Teamvariante ist es sogar nur eine feste Person. Diese unnötige Selbstbeschränkung ist aus mehreren Gründen unglücklich. Einerseits würde ich gerne feststellen, wie gut oder schlecht ich mit allen Mitspielenden am Tisch übereinstimme und nicht nur mit einem ausgewähltem Teil. Andererseits kann es auch mal passieren, dass ich mit einer dieser zugeordneten Personen so überhaupt nicht auf einer Wellenlänge liege – was dann für beide im Verlauf der Partie zu einer zähen Angelegenheit wird. Selbstredend sind bei einer solchen Pärchenbildung die Leute im Vorteil, die sich schon sehr gut kennen. Über die Zeit haben sich vielleicht Insider gebildet, von denen man nun als Klein-Team profitieren kann. Auch um diesen Vorteil zu beschränken, ist eine größere Durchmischung zu befürworten.
Jetzt kann dem entgegengehalten werden, dass solche Spiele nicht wegen des Gewinnens gespielt werden. Sollen wir uns also nicht so haben, wenn hier zwei Leute einen großen Vorteil haben? Grundsätzlich gehe ich da gerne mit. Allerdings ist das Design von MEDIUM sehr auf die Siegpunkte ausgelegt. Nicht grundlos sind dem Spiel noch extra viele bunte Papp-Plättchen beigelegt. Allerdings wissen diese leider auch nicht zu überzeugen. Die Idee ist, dass wir uns nach einem ersten erfolgreichen Versuch an den pinken Plättchen bedienen dürfen, nach dem zweiten an den grünen und nach dem finalen an den blauen Plättchen. Entsprechend sind die Werte auf den Plättchen gestaltet. Aber warum kann ich z.B. dann 5 Punkte bei pink erhalten und meine Partnerin, die mehr Glück beim Ziehen der verdeckten Plättchen hat, 6 Punkte? Wir waren doch beide zusammen erfolgreich? Warum dieser Zufalls-Mechanismus? Ein Grund mehr, ganz auf diese Punktevergabe zu verzichten und das Spiel als gemeinsame Gaudi zu erleben.
Unglücklich bin ich übrigens auch mit der Regelung, dass das Ende über die drei Glaskugeln im Kartendeck eingeläutet wird. Was soll uns das bringen? Wir spielen doch meist so lange, wie wir Lust darauf haben. So ganz haben wir nicht verstanden, warum es wichtig ist, ob wir jetzt in einer Partie eine Runde mehr oder weniger spielen. Das wird erst dann relevant, wenn ich ernsthaft um Punkte spiele und hierbei den Ehrgeiz entwickele, noch einen Rückstand aufholen zu können oder nicht. Aber selbst dann ist dieses Element nur leidig spannend – zumal ich ja noch nicht einmal genau weiß, wie die Punkte überhaupt verteilt sind. In meinen Augen ist das Procedere schlicht Ballast und wirft nur Fragen auf, die im Normalfall gar nicht auftreten würden.

MEDIUM ist schon 2019 entwickelt worden. Es hat somit etwas gedauert, bis sich ein deutscher Verlag dem Spiel angenommen hat. Mir fehlt das englischsprachige Original, um herauszufinden, ob nun lediglich die Begriffe übersetzt wurden oder ob vielleicht länderspezifische Anpassungen vorgenommen wurden. Ich habe weder Anzeichen für das eine oder das andere wahrgenommen. Allerdings bin ich darüber gestolpert, dass die Angabe der Autoren unterschiedlich ist. Bei BoardGameGeek und auch im englischsprachigen Original der Anleitung sind als "Designer" (als Äquivalent für die Autorenschaft) Danielle Deley, Lindsey Sherwood und Nathan Thornton aufgeführt – also das Team von Storm Chaser Games. In der deutschen Anleitung werden diese Namen der "Spielentwicklung" zugeordnet und als Autoren Christopher Badell, Paul Bender und Maggie Clayton genannt, die im englischen Original als "Game Development" genannt sind (was eher der Entwicklung und somit Redaktion zuzuordnen ist). Für diesen Blog beziehe ich mich bei der Autorenschaft jedenfalls auf die Angabe des englischen Originals.
Das gefällt mir gut: MEDIUM bezeichne ich gerne scherzhaft als "Scheitern: das Spiel". Denn es ist immer wieder faszinierend, wie oft wir beim Raten knapp daneben liegen. Und vor allem, wie dann die Schere immer weiter auseinandergeht. Lagen wir beim ersten Versuch noch inhaltlich dicht beisammen, so weitet sich das Feld beim zweiten Versuch und meist wird der dritte Versuch dann noch schwerer. Allerdings tut das dem Spaß keinen Abbruch – eher das Gegenteil ist der Fall. Dahingegen ist eine sofortige offensichtliche Übereinstimmung eher langweilig, weil die besondere Herausforderung fehlt.
Wie so oft ist die Zusammensetzung der Gruppe ein entscheidender Faktor für den erlebten Spielspaß. Bei MEDIUM ist es nun einmal Fakt, dass wir vor allem bei großen Gruppen einige Runden recht tatenlos sind und nur den anderen zuschauen, ob diese nun matchen oder nicht. Ich habe Menschen erlebt, die diese Phasen als langweilig empfunden haben. Dem Großteil war das aber ziemlich schnuppe. Denn auch wenn ich selbst vielleicht gar nicht aktiv gefragt werde, so rate ich trotzdem im Kopf mit. Nicke wissend und zustimmend, wenn ein Wort mit meinem Gedanken übereinstimmend gesagt wird. Tausche mich mit anderen aus, was diejenigen wohl gedacht haben und sorge selbstredend für ausgiebigen Table Talk. Wenn aber wirklich alle zu jeder Zeit bei der Auswertung der Begriffe teilhaben wollen, dann ist PERFECT WORDS die bessere Wahl. Ich persönlich mag MEDIUM allerdings lieber, weil es direkter ist, weil Leben im Spiel ist, weil wir an den Begriffen gemeinsam wachsen können.
Ich habe versucht, eine Gesetzmäßigkeit bei der Bildung der einzelnen Wortgruppen zu finden. Allerdings habe ich dabei nicht wirklich etwas erkennen können. Trotzdem rede ich mir ein, dass diese Gruppenbildung ein Vorteil ist. Wir mischen je nach Personenanzahl verschiedene Gruppen zu einem Stapel zusammen. Welche Karten wir davon zur Auswahl auf die Hand bekommen ist Zufall. Dabei trat aber nie das Gefühl ein, dass dauerhaft nichts zueinander zu passen scheint. Es ist sicherlich von Vorteil, dass die Begriffe nicht nur Objekte aufzählen, sondern auch Verben sein können. Das gibt der Person, die den zweiten Begriff nicht ohne Hintergedanken legt, viele Möglichkeiten, die Denkrichtung vorzugeben.
Ich empfehle recht schnell mit den optionalen Aktionskarten zu spielen. Diese geben uns mehr Spielraum bei der Wortpaarbildung und auch die Möglichkeit, bei anderen Pärchen mitzumachen, womit der oben genannte Kritikpunkt der vermeintlichen Untätigkeit auch aktiv angegangen wird.
Fazit: MEDIUM lebt von seiner Direktheit. Wir schauen uns in die Augen und kurz darauf versagen oder jubeln wir. Da muss nichts aufgeschrieben und im Nachgang verglichen werden, das ist sofort verstanden und verinnerlicht. Umso ärgerlicher ist die unnötige Eingeschränktheit der Teams und der Zufall bei der Vergabe der Siegpunkte.
Titel | Medium |
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Autoren | Danielle Deley, Lindsey Sherwood und Nathan Thornton |
Illustrationen | Sarah Kelly |
Dauer | 30 bis 45 Minuten |
Personenanzahl | 2 bis 8 Personen |
Zielgruppe | wortsehende Familienspielrunden |
Verlag | Perdix Spiele |
Jahr | 2024 |
Hinweis | Vielen Dank an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars! |
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